Die Fahrgastzahlen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) steigen kontinuierlich an: So verzeichnete beispielsweise die ESWE Verkehrsgesellschaft, der kommunale ÖPNV-Dienstleister in Hessens Landeshauptstadt Wiesbaden, im Jahr 2015 ein 3,1-prozentiges Plus der Jahresgesamt-Fahrgastzahl im Vergleich zum Vorjahr. Jeder Zuwachs der Fahrgastzahlen bedeutet jedoch automatisch auch eine stetige Zunahme des Verkehrsaufkommens im Linienverkehr. Diesen Zuwachs umweltschonend zu gestalten, ist das erklärte Ziel des Projekts „H2Bus Rhein-Main – emissionsfreier Nahverkehr in der Metropolregion“, zu dem sich drei führende ÖPNV-Anbieter der Rhein-Main-Region vor Kurzem zusammengeschlossen haben: die ESWE Verkehrsgesellschaft (Wiesbaden), die Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) und traffiQ, die städtische Nahverkehrsgesellschaft Frankfurt am Main.
Am heutigen Mittwoch präsentierten die städtischen ÖPNV-Unternehmen in Kooperation mit der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Initiative Hessen e.V. (H2BZ-Initiative Hessen) erstmals der Politik und den Medien auf dem Betriebshof der ESWE Verkehr in Wiesbaden zwei unterschiedliche Brennstoffzellenbusse. Neben führenden Repräsentanten der drei beteiligten Projektpartner ESWE Verkehr, MVG und traffiQ war auch Frau Prof. Dr. Birgit Scheppat, Vorstandsmitglied der H2BZ-Initiative Hessen und Leiterin des Wasserstofflabors der Hochschule Rhein-Main in Rüsselsheim, zu Gast und erläuterte die ökologische Herstellung von Wasserstoff. Die Hochschule RheinMain gehört ebenfalls zu den Unterstützern des Projekts. Schließlich vermittelte eine kleine Rundtour den Teilnehmern einen ersten Eindruck vom Fahrgefühl in einem Brennstoffzellen-Bus.
Mit dem Projekt „H2Bus Rhein-Main – emissionsfreier Nahverkehr in der Metropolregion“ haben sich die drei Unternehmen aus dem Rhein-Main-Gebiet neben anderen Verkehrsbetrieben in Europa für die Teilnahme an einer Förderinitiative der Europäischen Union beworben, in deren Rahmen der Einsatz größerer Flotten von Brennstoffzellen-Bussen für den öffentlichen Nahverkehr europaweit demonstriert werden soll. Derartige Busse nutzen Wasserstoff (chemische Formel: H2) als umweltschonenden Energieträger, der von Brennstoffzellen in Strom und über Elektromotoren in Antriebsenergie für das Fahrzeug umgewandelt wird. Da die Emissionen eines solchen Busses ausschließlich aus völlig unschädlichem Wasserdampf bestehen, und da zudem der Elektroantrieb praktisch keinerlei Geräuschemissionen verursacht, gilt der Einsatz von Brennstoffzellen-Bussen als ein äußerst vielversprechendes Konzept für den klima- und umweltfreundlichen, weil emissionsfreien und ressourcenschonenden Nahverkehr der Zukunft. Neben diesen ökologischen Aspekten spricht auch die Praxistauglichkeit von Brennstoffzellen-Bussen für deren künftige Nutzung: Die Busse besitzen eine für den Einsatz im Linienverkehr vollkommen ausreichende Reichweite von gut 300 Kilometern und mehr, sie lassen sich in kurzer Zeit (nur etwa zehn Minuten) betanken, und sie unterliegen im Gegensatz zu reinen Batteriebetrieb-Bussen keinerlei operativen Einschränkungen im Verkehrsalltag.
Stimmen zum Projekt „H2Bus Rhein-Main – emissionsfreier Nahverkehr in der Metropolregion“:
„Beispielsweise mit dem Einsatz der stets neuesten Abgasfiltertechnologien stellen wir bei ESWE Verkehr schon seit vielen Jahren unter Beweis, dass der öffentliche Nahverkehr der Motor umweltfreundlicher Mobilität sein kann. Das Projekt zum künftigen Einsatz von Brennstoffzellen-Bussen, an dem wir sehr gerne teilnehmen, ist daher für uns ein folgerichtiger nächster Schritt auf unserem konsequent ökologisch ausgerichteten Weg.“
Prof. Dr.-Ing. Hermann Zemlin, Geschäftsführer der ESWE Verkehrsgesellschaft mbH, Wiesbaden
„Im Jahr 2004 hat traffiQ mit dem Einsatz von über 50 Linienbussen dem besonders umweltfreundlichen EEV-Standard bundesweit zum Durchbruch verholfen. Seitdem ist Frankfurt beim Dieselbus-Einsatz unter den ökologischen Spitzenreitern. Gerne sind wir dabei, mit diesem Pilotprojekt zum Einsatz von Brennstoffzellen-Bussen einen Quantensprung für den umweltfreundlichen Nahverkehr einzuleiten.“
Dr. Hans-Jörg v. Berlepsch, Geschäftsführer der städtischen Nahverkehrsgesellschaft traffiQ, Frankfurt am Main
„Mehr als achtzig Brennstoffzellen-Busse haben in den vergangenen Jahren im Rahmen dutzender Projekte weltweit ihre technische Reife sowie ihre Einsatzfähigkeit und ihre Alltagstauglichkeit für den Linienverkehr bereits erfolgreich nachgewiesen. Unser gemeinsames ‚H2Bus Rhein-Main‘-Projekt kann nun erreichen, dass unsere Region zu Städten wie Hamburg, Köln oder Stuttgart aufschließt, wo sich erste Prototypen von Brennstoffzellen-Bussen bereits seit einigen Jahren ihre Leistungsfähigkeit im täglichen Einsatz bewiesen haben.“
Jochen Erlhof, Geschäftsführer der Mainzer Verkehrsgesellschaft mbH, Mainz
„Unser Mainzer Energiepark mit seiner weltweit größten ‚Power-to-Gas‘-Anlage ihrer Art würde im Rah¬men des Projekts die Versorgung der Brennstoffzellen-Busse mit ‚grünem Wasserstoff‘, der aus sogenanntem Überschussstrom gewonnen wird, ermöglichen. Der weitgehend CO2-frei erzeugte Wasserstoff kann somit nicht nur Busse auf umweltfreundliche Weise antreiben, er hilft auch beim Stabilisieren der elektrischen Netze mit ihrem zunehmenden Anteil an regenerativem Strom. Dies ist ein Meilenstein für das Gelingen der Energiewende.“
Dr. Tobias Brosze, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Stadtwerke Mainz AG, Mainz
„Das Projekt zum künftigen Einsatz von Brennstoffzellen-Bussen bedeutet die sinnvolle, den gegenseitigen Nutzen fördernde Verknüpfung von Energiesystemen einer- und Verkehrssystemen andererseits. Es entsteht innerhalb der Region eine geschlossene Wertschöpfungskette von der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis zum öffentlichen Personennahverkehr mit strombasierten Antrieben. Diese Wertschöpfungskette hilft gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffimporten aus politischen Krisenregionen zu reduzieren.“
Prof. Dr. Birgit Scheppat, Vorstand der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Initiative Hessen e.V., stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands e.V. (DWV) und Leiterin des Wasserstofflabors der Hochschule RheinMain in Rüsselsheim
Details zum Projekt „H2Bus Rhein-Main – emissionsfreier Nahverkehr in der Metropolregion“:
- Im Rahmen der EU-Förderinitiative „Jive“ („Joint Initiative for hydrogen Vehicles across Europe“) zur Beschaffung von Brennstoffzellen-Busflotten ist für das gemeinsame „H2Bus Rhein-Main“-Projekt von ESWE Verkehr, MVG und traffiQ die Anschaffung von insgesamt elf Brennstoffzellen-Bussen geplant (Wiesbaden: je zwei Solo- und Gelenkbusse; Mainz: je zwei Solo- und Gelenkbusse; Frankfurt: drei Solobusse).
- Des Weiteren sind der Aufbau einer Wasserstofftankstelle (bei ESWE Verkehr in Wiesbaden) sowie eines technischen Kompetenzzentrums inklusive Buswerkstatt (bei der MVG in Mainz) vorgesehen.
- Die EU-Förderinitiative beabsichtigt, bis zum Jahr 2020 europaweit mehr als 500 Brennstoffzellen-Busse auf die Straße zu bringen. Im ersten Schritt ist der Einsatz von 142 Brennstoffzellen-Bussen in neun europäischen Städten bzw. Großstadtregionen geplant. Ein weiteres Ziel der EU-Förderinitiative ist der Aufbau der größten Wasserstofftankstellen-Kapazität in Europa.
- Der Zeitplan sieht vor, dass nach der Erteilung des Förderbescheids durch die EU (die Erteilung wird für das 4. Quartal 2016 erwartet) der Projektstart im 1. Quartal 2017 erfolgen kann. Die ersten Busse sowie die Wasserstofftankstelle könnten dann im 1. Quartal 2018 in Betrieb gehen. Insgesamt ist das EU-Projekt auf eine Laufzeit von sechs Jahren ausgelegt.
Details zur Thematik „Wasserstoff (H2) als Treibstoff“:
- Der Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff bietet zum einen enorme Vorteile in puncto Emissionen: Die Abgasemissionen bestehen ausschließlich aus völlig unschädlichem Wasserdampf; und Lärmemissionen treten bei Fahrzeugen mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb praktisch gar nicht auf.
- Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass sich Wasserstoff als Treibstoff aus zahlreichen unterschiedlichen Quellen umweltfreundlich, weil regenerativ erzeugen lässt.
- Zudem stehen in der Rhein-Main-Region bereits heute zwei Quellen zur Erzeugung von Wasserstoff als Treibstoff zur Verfügung: nämlich die weltweit größte „Power-to-Gas“-Anlage der Mainzer Stadtwerke im Energiepark Mainz sowie der Industriepark Frankfurt-Höchst, wo Wasserstoff als Nebenprodukt anfällt.