Fest auf dem Riedbergplatz
Frankfurts Stadtbahn-Netz wächst: Um rund vier neue Kilometer Strecke, zwei Stationen und zwei Linien: Die neuen U8 und U9 wurden am frühen Sonntagnachmittag, 12. Dezember 2010, durch Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth und den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Jan Mücke, offiziell eröffnet. Deutschlands größtes Stadtentwicklungs-Vorhaben ist damit nach gut zweieinhalb Jahren Bauzeit an das Frankfurter Stadtbahn-Netz angeschlossen.
„Der öffentliche Verkehr ist nicht nur ein wesentlicher Motor für die Stadtentwicklung, sondern auch ein entscheidender Standortfaktor“, sagte Oberbürgermeisterin Petra Roth zur Eröffnung der neuen Linien. „Gute An- und Verbindungen, moderne Fahrzeuge, kundenfreundlich ausgestattete Stationen und Haltestellen, ein attraktiver Fahrplan, funktionierende Anschlüsse – das alles zusammen macht einen leistungsfähigen öffentlichen Verkehr aus“, so die OB weiter.
Die Eröffnung der neuen Riedberg-Linien sei „ein Grund zur Freude und ein guter Tag für alle. Zuallererst für die Anwohner des jungen Stadtteils und für diejenigen, die hier arbeiten, forschen und lernen. Ein lebendiges Stadtquartier und ein qualitätvoller Nahverkehr – das gehört zusammen“, so Verkehrsdezernent Lutz Sikorski. Attraktive Bus- und Bahnverbindungen seien „wichtige Gradmesser für eine stadtverträgliche Mobilität.“
Der Dank der Oberbürgermeisterin galt den verantwortlichen Unternehmen und städtischen Ämtern. „Ihnen und ihren Mitarbeitern möchte ich im Namen der Stadt Frankfurt ganz herzlich für die in den vergangenen Jahren geleistete Arbeit danken“, so Petra Roth. „Ohne Sie würden die neuen Linien nicht fahren.“
Unterstützung vom Bund
Für das Vorhaben, das insgesamt 71 Millionen Euro kostet, hat der Bund Mittel aus dem Bundesprogramm gemäß dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) in Höhe von rund 31 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die finanzielle Zuwendung des Landes Hessen beläuft sich auf weitere 7,7 Millionen Euro.
Der Bund, so Staatssekretär Jan Mücke, zeigt damit, dass er für eine nachhaltige Entwicklung des Verkehrssystems Stadtbahn steht, um für die Stadt Frankfurt eine Entlastung vom Individualverkehr zu erreichen. „Ich freue mich, dass mit der heutigen Inbetriebnahme ein weiterer Beitrag für den Ausbau und zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs für die Stadt geleistet wird“, sagte Mücke bei der Eröffnungsfeier.
Moderner Nahverkehr
Seit dem ersten Spatenstich im Sommer 2008 entstand eine rund vier Kilometer lange Neubaustrecke mit zwei Stationen und mehreren Brücken. Eine besondere Herausforderung war der Einbau der Gleiskreuzungen in Niederursel, Kalbach und der Nordweststadt, weil der Betrieb der U-Bahn-Linien U2 und U3 nur kurz unterbrochen werden durfte und die Arbeiten damit unter erheblichem Zeitdruck standen. „Wir haben den Bau trotz großer Herausforderungen – drei neue Gleisverbindungen, sieben Brücken, darunter die über die A 661 unter fließendem Verkehr – innerhalb des knappen Zeitplans bewerkstelligt und abgeschlossen. Das war eine klasse Leistung“, sagte VGF-Geschäftsführer Michael Budig. „Wir sind stolz, den Anwohnern und Besuchern des Riedbergs von heute an erstklassige Verbindungen bieten zu können – in einem leistungsstarken Stadtbahn-System, mit unseren attraktiven neuen Bahnen und modern ausgestatteten Stationen“, ergänzte Werner Röhre, ebenfalls Geschäftsführer der VGF.
20 Minuten zur Innenstadt, 7 Minuten ins Nordwestzentrum
„Mit den neuen Riedberg-Linien erhalten die Menschen hier aus dem Stadtteil und aus den benachbarten Stadtteilen eine Vielzahl attraktiver neuer und schneller Verbindungen“, erläuterte Dr. Hans-Jörg v. Berlepsch, Geschäftsführer von traffiQ Frankfurt am Main. Die U8 fährt vom Riedberg über Niederursel, Heddernheim und die Eschersheimer Landstraße in die Frankfurter Innenstadt und zum Südbahnhof. Für die 12,3 Kilometer lange Strecke mit ihren 19 Stationen benötigt sie 26 Minuten. Vom Riedberg bis zur Hauptwache sind die Fahrgäste 20 Minuten unterwegs. „Studierende bringt die U8 binnen 16 Minuten vom Uni-Campus Riedberg zur U-Bahn-Station ‚Holzhausenstraße’ und damit zum Uni Campus Westend“, hebt v. Berlepsch hervor.
Die Linie U9 führt von Nieder-Eschbach über Kalbach und den Riedberg direkt ins Nordwestzentrum und weiter bis Ginnheim, wo Anschluss an die Straßenbahn Richtung Hauptbahnhof besteht. Sie ist 20 Minuten unterwegs, um die zwölf Stationen entlang der 10,3 Kilometer langen Strecke zu bedienen. In nur noch einer Viertelstunde fahren Nieder-Eschbacher zum Einkaufen ins Nordwestzentrum, von der Station „Riedberg“ dauert die Fahrt gerade einmal sieben Minuten. Für viele Menschen aus den nördlichen Stadtteilen entstehen schnellere Verbindungen zu Zielen wie dem Nordwestzentrum oder dem Gymnasium Riedberg.
Zwischen 4.00 und 5.00 Uhr morgens verlassen die ersten Bahnen der Linien U8 und U9 ihr Depot in Heddernheim, gegen 1.30 Uhr trifft der letzte Zug dort wieder ein. Jede der beiden Linien verkehrt viertelstündlich, nur zu Zeiten, wo wenige Fahrgäste unterwegs sind, besteht jeweils ein 30-Minuten-Takt.
Sieben Brücken, 13 Weichen, 5.600 Gewächse
Damit die neuen Linien fahren können, hat die VGF in den vergan-genen zwei Jahren außer den beiden Stationen und vier Kilometern Gleis – darunter 2,25 Kilometer umweltfreundliches und geräuscharmes Rasengleis – 24 Bahnübergänge gebaut: Fußgänger können die Schienen an 14 Überwegen queren, Bahnübergänge von Straßen gibt es sechs, kombinierte Übergänge für Fußgänger und Autos vier.
Mehr als neun Kilometer Fahrdraht und 18 Kilometer Tragseile wurden gespannt, die an 247 Masten hängen, davon 187 auf dem Riedberg und 60 im neuen Gleisdreieck Nordweststadt. Sieben Brücken wurden gebaut, die zwei größten über die Rosa-Luxemburg-Straße und die Autobahn A 661 mit nur kurzen Unterbrechungen des Verkehrs. 13 neue Weichen waren nötig, um bei Niederursel im Westen und Kalbach im Osten den Neubau an das bestehende Netz anzu-schließen, um den Gleiswechsel an der Wendeanlage der Station „Riedberg“ zu ermöglichen und um in der Nordweststadt das neue Gleisdreieck mit dem Abzweig nach Ginnheim zu schaffen.
Die neue Station „Uni-Campus Riedberg“ und die künftige U8-Endstation „Riedberg“ haben Seiten-Bahnsteige von 105 Metern Länge, drei Metern Breite und 80 Zentimeter Höhe. Über Rampen zugänglich bieten sie den künftigen Fahrgästen einen barrierefreien Zugang zu den Bahnen, außerdem erhalten sie als Teil der attraktiven Ausstattung moderne und transparente Wartehallen. Diese sind eine Eigenentwicklung der VGF, wie sie auch an der Station „Wiesenau“ verwendet wird und in die Lautsprecher für eine akustische dynamische Fahrgastinformation (DFI) integriert sind. Die Vandalismusresistente Gestaltung der Hallenrückseiten – ein DNA-Motiv mit Doppelhelix an der Station „Uni-Campus Riedberg“, ein Wellenmotiv bei „Riedberg“ – stammt von Unit Design.
Die barrierefrei zugänglichen Bahnsteige, ausreichende Sitzgelegenheiten, Fahrscheinautomaten und Anzeiger, die in Ist-Zeit über die Abfahrt der nächsten Züge informieren, sind Standard-Ausrüstung moderner Stationen. Der barrierefreie Umbau der bestehenden Stationen „Heddernheimer Landstraße“ und „Wiesenau“ gehörte ebenfalls zum Projekt: Auch hier wurden die Bahnsteige auf 80 Zentimeter erhöht, die Station „Wiesenau“ außerdem auf 105 Meter verlängert.
Seit 25. Oktober hat die VGF Probe- und Fahrschulfahrten auf der neuen Strecke durchgeführt. Dabei wurden 450 Fahrer von der Betriebsfahrschule der VGF auf der Strecke eingewiesen und damit alle, die auch die Linien U1, U2 und U3 über die Eschersheimer Landstraße fahren können. Gleichzeitig mit dem Start der Test- und Schulungsfahrten begann die Begrünung entlang der Strecke, bei der in Verantwortung von VGF und HA Stadtentwicklungsgesellschaft mehr als 5.600 verschiedene Bäume und Sträucher gepflanzt wurden. Für die Fahrgäste soll so die Fahrt zum neuen Stadtteil eine „Fahrt ins Grüne“ werden.
Entwicklung des neuen Stadtteils Riedberg
Der neue Stadtteil hat den vergangenen Jahren eine dynamische Entwicklung erfahren. Inzwischen leben hier rund 4.000 Menschen, etwa 5.000 Studierende lernen und forschen auf dem Riedberg. Bis zum Jahr 2017 sollen es rund 15.000 Bewohnerinnen und Bewohner und mehr als 8.000 Studierende sein. Riedberg wird ein kompletter Stadtteil mit allem was dazugehört: Schulen und Kindertagesstätten, Parks und Spielplätze, Cafés und Restaurants. Zurzeit befinden sich mehr als 700 Wohnungen im Bau. In diesem Jahr wurde der Bau eines Gymnasiums begonnen – der erste Neubau dieser Art in Frankfurt seit mehr als 100 Jahren –, die sechste Kindertagesstätte und eine weitere Parkanlage wurden eröffnet. Im nächsten Jahr beginnt der Bau weiterer drei Kindertagesstätten. Die Entwicklung soll bis zum Jahr 2017 abgeschlossen sein.
Für den aufstrebenden Stadtteil bringen die neuen Stadtbahn-Linien sicherlich einen weiteren Entwicklungsschub. „Das ist für den jungen Stadtteil ein Meilenstein, eine direkte Stadtbahn-Verbindung zur Frankfurter City erhöht die Attraktivität noch mehr. Jetzt hat der Riedberg wirklich alles, was einen lebendigen, urbanen Stadtteil auszeichnet“, sagte der beauftragte Projektleiter der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme Riedberg der HA Stadtentwicklungsgesellschaft im Vorfeld der Veranstaltung. Weiter sagte er: „Besonders für die Bewohnerschaft ist das ein wichtiges Datum und daher freuen wir uns auch besonders, dass sich so viele Bewohnerinnen und Bewohner an den Festlichkeiten mit eigenen Ständen und mit eigenen Programmpunkten beteiligen.“
Blick ins nächste Jahr
Die Oberbürgermeisterin richtete am Tag der U8- und U9-Eröffnung ihren Blick auf Ende 2011: „Dann nehmen wir die neue Straßenbahn-Linie 18 in Betrieb, die – genau wie U8 und U9 – einen neuen Stadtteil an unser ÖPNV-Netz anschließen wird.“
Frankfurt sei dynamisch und wachse, so die OB weiter, und das sei Freude und Herausforderung zugleich. Denn: „Ohne Busse und Bahnen ist dieses Wachstum nicht vernünftig möglich.“
Datenblattt: U8 und U9 - Die Stadtbahnen auf den Riedberg
Eröffnungsdatum:
- 12. Dezember 2010 (Baubeginn: Sommer 2008)
LinienLinie U8
- Riedberg – Niederursel – Heddernheim – Hauptwache – Südbahnhof
- Linienlänge: 12,3 km
- Zahl der Haltestellen: 19
- Gesamt-Fahrzeit: 26 Minuten
- Durchschnittsgeschwindigkeit: 28,4 km/h
Linie U9
- Nieder-Eschbach – Kalbach – Riedberg – Niederursel – Nordwestzentrum – Ginnheim
- Linienlänge: 10,3 km
- Zahl der Haltestellen: 12
- Gesamt-Fahrzeit: 20 Minuten
- Durchschnittsgeschwindigkeit: 30,9 km/h
FahrplanLinie U8
- Montag bis Freitag 15-Min-Takt von 6.00 bis 24.00 Uhr 30-Min-Takt von 4.00 bis 6.00 und 24.00 bis 1.00 Uhr
- Samstag 15-Min-Takt von 8.00 bis 24.00 Uhr 30-Min-Takt von 5.00 bis 8.00 und von 24.00 bis 1.00 Uhr
- Sonn- und Feiertag 15-Min-Takt von 9.00 bis 24.00 Uhr 30-Min-Takt von 5.00 bis 9.00 und 24.00 bis 1.00 Uhr
Linie U9
- Montag bis Freitag 15-Min-Takt von 7.00 bis 21.00 Uhr 30-Min-Takt von 4.00 bis 7.00 und 21.00 bis 1.00 Uhr
- Samstag 15-Min-Takt von 8.00 bis 21.00 Uhr 30-Min-Takt von 5.00 bis 8.00 und von 21.00 bis 1.00 Uhr
- Sonn- und Feiertag 15-Min-Takt von 9.00 bis 21.00 Uhr 30-Min-Takt von 5.00 bis 9.00 und 21.00 bis 1.00 Uhr
Fahrzeiten
- Riedberg – Hauptwache: 20 Minuten (Linie U8)
- Riedberg – Südbahnhof: 25 Minuten (Linie U8)
- Uni Campus Riedberg – Holzhausenstraße (= Uni Campus Westend): 16 Minuten (Linie U8)
- Riedberg – Nordwestzentrum: 7 Minuten (Linie U9)
- Riedberg – Ginnheim: 12 Minuten (Linie U9)
- Nieder-Eschbach – Ginnheim: 20 Minuten (Linie U9)
- Kalbach – Nordwestzentrum: 11 Minuten (Linie U9)
Kosten
- 71 Mio. Euro
- - davon Bundeszuschuss: 31 Mio. Euro
- - davon Landeszuschuss: 7,7 Mio. Euro
Länge der Neubaustrecke
- 4,0 km (davon 2,2 km Rasengleis)
Neue Stationen
- Riedberg
- Uni Campus Riedberg
Umgebaute Stationen
- Heddernheimer Landstraße
- Wiesenau
- Niederursel
Brückenbauwerke
- 7
Weichen
- 13
Begrünung
- 5.600 Bäume, Sträucher etc.
Fahrpläne zum DownloadGrafik: Die Riedberg-Bahn (JPG, 1.4 MB)DownloadKarte: U-Bahn über den Riedberg (PDF, 1.0 MB)Download