Ökologische Bewältigung des Verkehrs im Ballungsraum
Die Verlängerung der Frankfurter Straßenbahn nach Neu-Isenburg, Dreieich und Langen ist ein erfolgversprechendes Projekt. Zu diesem Ergebnis kommen die Gutachter, die eine Potenzialstudie im Auftrag der beteiligten Städte durchgeführt haben. Weiter stellen die Gutachter fest, dass die geplante Trasse der Straßenbahn realisierbar ist. Als nächste Schritte empfehlen sie eine vertiefende Machbarkeitsstudie sowie eine fundierte Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU), von deren Ergebnis die Bereitstellung von Fördermitteln durch Bund und Land abhängt. Es bestehen nach Einschätzung der Gutachter gute Chancen, die Förderfähigkeit zu erreichen.
Die Bürgermeister der drei Städte, Martin Burlon (Dreieich), Herbert Hunkel (Neu-Isenburg), Prof. Dr. Jan Werner (Langen) und der Frankfurter Verkehrsdezernent Klaus Oesterling begrüßen die Ergebnisse der Potenzialstudie. Sie empfehlen ihren jeweiligen städtischen Gremien, den Weg in Richtung Machbarkeitsstudie und Nutzen-Kosten-Untersuchung zu gehen – die Gelegenheit, den umweltfreundlichen öffentlichen Nahverkehr im Westkreis Offenbach so attraktiv auszubauen, sollte sich, so die einheitliche Meinung, keine der beteiligten Kommunen entgehen lassen.
Von der untersuchten Straßenbahnverbindung profitieren gut 130.000 Einwohner und etwa 90.000 Arbeitsplätze in den drei Kommunen. Die tägliche Fahrgast-Nachfrage auf der bestehenden Strecke, die bislang an der Frankfurter Stadtgrenze zu Neu-Isenburg endet, würde durch die Verlängerung auf das Dreifache gegenüber heute ansteigen. Bis Neu-Isenburg Hugenottenallee müsste das geplante Angebot der verlängerten Straßenbahnlinie 17 im Berufsverkehr sogar verstärkt werden, um diese Nachfrage zu befriedigen. Die Gutachter rechnen mit rund 5.000 Neukunden täglich. Weit über 50.000 Pkw-Kilometer könnten so am Tag eingespart werden. Weitere gut 4.000 Fahrgäste werden von der an den westlichen Ortsteilen verkehrenden S-Bahn zur Straßenbahn wechseln, was zu einer Entlastung der stark nachgefragten S-Bahn-Verbindung Richtung Darmstadt beiträgt.
In die Studie einbezogen waren drei Streckenvarianten mit Endpunkten am Bahnhof Dreieich-Sprendlingen, in Dreieich-Weibelfeld und in Langen am Wilhelm-Leuschner-Platz. Eine Entscheidung ist hier noch nicht getroffen. Bauliche Herausforderungen müssen durch die vertiefende Machbarkeitsstudie gelöst werden, für die mit Kosten von rund 300.000 Euro und einer Bearbeitungszeit von etwa zwei Jahren gerechnet wird. Sie betreffen insbesondere die Innenstadtlagen, die großen Kreuzungen und die Querung der Dreieichbahn. Die Gutachter gehen davon aus, dass sich die Straßenbahn stadtgestalterisch und verkehrlich in die zentralen Bereiche der drei Städte integrieren lässt und die Lebens- und Aufenthaltsqualität gesteigert wird. Frankfurts Verkehrsdezernent Klaus Oesterling hatte dazu die Möglichkeit eines oberleitungsfreien Betriebs in den städtebaulich sensiblen innerörtlichen Lagen ins Spiel gebracht, wie es sie heute schon in Nizza oder Bordeaux gebe.
Gemeinsame Studie als Meilenstein der interkommunalen Entwicklung
Die Städte Dreieich, Frankfurt am Main und Neu-Isenburg hatten im Frühjahr 2020 vereinbart, gemeinsam zu untersuchen, welches Potenzial eine Straßenbahn von Frankfurt über Neu-Isenburg nach Dreieich hat. Ein Jahr später schloss sich auch die Stadt Langen dem Projekt an. Die Studie ist ein Meilenstein der interkommunalen Entwicklung im Rhein-Main-Gebiet.
Die Studie hat das Potenzial einer Verlängerung der Straßenbahn, beginnend an der heutigen Endhaltestelle „Neu-Isenburg Stadtgrenze“ der Linie 17, um etwa 8,5 Kilometer von Neu-Isenburg Straßenbahn durch Neu-Isenburg über Dreieich-Sprendlingen hinaus bis zum Wilhelm-Leuschner-Platz in Langen untersucht. Neben der Frage des technischen und verkehrlichen Potenzials sollten die Gutachter den Nutzen der Verbindung bilanzieren und eine Kostenabschätzung abgeben. Die Studie sollte darlegen, ob für diese Verbindung die notwendige Nachfrage besteht und ob generell der Einstieg in die vertiefte Planung lohnenswert ist.
Ökologische Bewältigung des Verkehrs
Für die vier Partner spielt die ökologische Bewältigung des Verkehrs im Ballungsraum Rhein-Main bei ihren Überlegungen eine wichtige Rolle: „Eine Straßenbahnverbindung von Frankfurt über Neu-Isenburg bis nach Dreieich und Langen könnte ein zukunftsweisendes Angebot für die vielen Pendlerinnen und Pendler sein, die heute täglich im Westkreis Offenbach unterwegs sind oder von dort nach Frankfurt fahren. Dieses e-mobile Angebot würde auch die Luftreinhalteziele der Stadt Frankfurt enorm unterstützen“, erklären die Stadtoberhäupter gemeinsam.
Durchgeführt wurde die Potenzialstudie von der Intraplan Consult GmbH, München und der Habermehl & Follmann Ingenieurgesellschaft mbH, Rodgau. Die betreuende Federführung hatte die städtische Frankfurter Nahverkehrsgesellschaft traffiQ.
Zitate
Martin Burlon, Bürgermeister der Stadt Dreieich
„Die Metropolregion Rhein-Main boomt als Wirtschaftsstandort und damit steigen auch die Einwohnerzahlen kontinuierlich an. Wir brauchen für die Menschen klimafreundliche Mobilitätsangebote, die die gesamte Region miteinander verbinden und die Verkehre sinnvoll strukturieren. Hier kommt dem öffentlichen Personennahverkehr zukünftig eine noch entscheidendere Rolle zu.“
Herbert Hunkel, Bürgermeister der Stadt Neu-Isenburg
„Von einer Straßenbahnverlängerung verspreche ich mir als Frequenzbringer eine Stärkung des Einzelhandels in der Neu-Isenburger Innenstadt und einen deutlichen Umstieg vom Individualverkehr auf den ÖPNV. Damit auch einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. In Verbindung mit der Regionaltangente West auch eine spürbare Entlastung vom automobilen Berufspendler.“
Klaus Oesterling, Verkehrsdezernent der Stadt Frankfurt am Main
„Eine moderne Verkehrspolitik kann nicht an Stadtgrenzen Halt machen. Mit der Erweiterung des Frankfurter Trambahnnetzes in das südliche Umland würde ein herausragender Schritt zu einer Renaissance der Straßenbahn im Rhein-Main-Gebiet gegangen und so die Mobilitätswende vorangebracht“.
Prof. Dr. Jan Werner, Bürgermeister der Stadt Langen
„Neben der RTW ist eine mögliche Straßenbahn-Anbindung Langens das zweite Meilensteinprojekt dieses Jahrzehnts für nachhaltige Mobilität in unserer Stadt.“
Dr.-Ing. Tom Reinhold, Geschäftsführer, traffiQ Frankfurt am Main
„Für die Fahrgäste entstehen schnelle und bequeme Verbindungen zwischen den Nachbarstädten und direkt in die Zentren der drei Städte im Westkreis Offenbach. Ein attraktives Angebot, auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen.“