Hoher volkswirtschaftlicher Nutzen – stadtgestalterische Chancen – Entlastung vom Pendlerverkehr
Die Verlängerung der Frankfurter Straßenbahn nach Neu-Isenburg, Dreieich und Langen hat großes Potenzial – wirtschaftlich, technisch und städtebaulich. Das ist das Ergebnis der vertiefenden Machbarkeitsstudie, die jetzt vorgestellt wurde. Das beauftragte Beratungsunternehmen Ramboll empfiehlt sehr eindeutig, die weiteren Planungen für die Straßenbahn voranzutreiben.
Die Bürgermeister der drei Städte, Martin Burlon (Dreieich), Dirk Gene Hagelstein (Neu-Isenburg), Prof. Dr. Jan Werner (Langen) und der Frankfurter Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert begrüßen die Ergebnisse der Untersuchung.
Für die wirtschaftliche Betrachtung, so erklärt Hartwig Meier, Chefplaner der Frankfurter Nahverkehrsgesellschaft traffiQ, ist der Kosten-Nutzen-Faktor entscheidend: Liegt der errechnete Wert über 1,0, ist der Bau der Strecke volkswirtschaftlich sinnvoll. Das ist zugleich Voraussetzung für die finanzielle Förderung durch Bund und Land, die sich auf über 90 Prozent der Kosten belaufen kann. Für die Verlängerung der Straßenbahn bis nach Langen Bahnhof ermittelten die Gutachter einen herausragenden Wert von 2,20. Wenn die Straßenbahn nur bis zum Weibelfeld in Dreieich geführt würde, läge der Kosten-Nutzen-Wert immer noch bei 1,74.
Auch technisch machbar ist die Straßenbahnverlängerung nach Einschätzung der Gutachter. Zudem bietet sie großes Potenzial, die Innenstädte von Neu-Isenburg, Dreieich und Langen stadtgestalterisch aufzuwerten. Die Aufenthaltsqualität lässt sich deutlich erhöhen, der Verkehrsraum kann ansprechend gestaltet und zeitgemäßer aufgeteilt werden – durch eine höhere Aufenthaltsqualität etwa durch Außengastronomie, mehr Raum für Rad- und Fußverkehr oder Logistikdienste, Barrierefreiheit und Begrünung, durch Reduzierung des Durchgangsverkehrs. Nicht zuletzt bietet sich die Chance, die Städte klimaresilienter umzubauen.
Nachhaltige Bewältigung des Verkehrs
Für die vier Partner spielt die nachhaltige Bewältigung des Verkehrs im Ballungsraum Rhein-Main bei ihren Überlegungen eine wichtige Rolle: „Eine Straßenbahnverbindung von Frankfurt über Neu-Isenburg bis nach Dreieich und Langen könnte ein zukunftsweisendes Angebot für die vielen Pendlerinnen und Pendler sein, die heute täglich im Westkreis Offenbach unterwegs sind oder von dort nach Frankfurt fahren. Den beteiligten Städten bietet sie zudem starke stadtgestalterische Möglichkeiten und Frankfurt wird vom Pendlerverkehr entlastet“, erklären die Bürgermeister und der Mobilitätsdezernent gemeinsam. Sie werden sich in ihren Kommunen für eine zügige Fortsetzung der Planungen einsetzen. Denn das gesamte Verfahren ist sehr umfangreich, als nächster Schritt ist in die Vorplanung einzusteigen. Neben der Verkehrsanlagenplanung werden auch Betriebs-, Förder- und Finanzierungskonzepte benötigt, bevor später mit der Genehmigungsplanung und Bauphase begonnen werden kann. Ab etwa 2034 könnte die erste Straßenbahn über die Frankfurter Haltestelle „Neu-Isenburg Straßenbahn“ in Richtung Langen ihre Fahrt aufnehmen.
Die Kosten für die Studie in Höhe von 470.000 Euro wurden zu gleichen Teilen von den Städten Dreieich, Langen und Neu-Isenburg sowie der Frankfurter Nahverkehrsgesellschaft traffiQ getragen.
Zitate
Martin Burlon, Bürgermeister der Stadt Dreieich:
„Mobilität neu denken ist das Gebot der Zeit – und die Straßenbahn ist hierbei ein ganz wesentliches Element. Sie ist attraktiv für die Nutzerinnen und Nutzer und stärkt den Wohn- und Unternehmensstandort Dreieich. Zudem ermöglicht sie städtebaulich eine Neugestaltung der alten B3 und macht diese wichtige Achse attraktiv und fit für die nächsten Jahrzehnte.“
Dirk Gene Hagelstein, Bürgermeister der Stadt Neu-Isenburg:
„Die Verlängerung der Straßenbahn bis Langen ist ein zukunftsorientiertes Projekt, das nicht nur den öffentlichen Nahverkehr in unserer Region verbessern kann, sondern auch den Gewerbestandort Neu-Isenburg, mitten in der Metropolregion FrankfurtRheinMain, optimiert. Für Kunden- und Pendlerströme ebenso wie für Bürgerinnen und Bürger würde ein zusätzliches schienengebundenes ÖPNV-Angebot geschaffen. Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie, die einen Kosten-Nutzen-Indikator von 2,2 aufweist, unterstreicht die wirtschaftliche und verkehrliche Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens. Wir werden die Ergebnisse nun den zuständigen Gremien zur Beratung vorlegen und die nächsten Schritte prüfen.“
Prof. Dr. Jan Werner, Bürgermeister der Stadt Langen:
„Die vorgelegte Planung überzeugt mit einer attraktiven Route durch den Norden unserer Stadt sowie die Anbindung der Asklepios Klinik. Besonders erfreulich ist natürlich, dass eine Streckenführung bis zum Langener Bahnhof die Wirtschaftlichkeit des Projekts deutlich erhöht.
Wolfgang Siefert, Mobilitätsdezernent der Stadt Frankfurt am Main:
„Eine schnelle, attraktive Straßenbahn von Langen in die Stadt hinein bringt Frankfurt einen großen verkehrlichen und ökologischen Mehrwert. Täglich 5.400 neue Fahrgäste für das ÖPNV-System – das sind viele Autos weniger, die jeden Tag in die Stadt kommen. Die Verbesserung des Pendlerverkehrs ist eines der wichtigsten Themen für uns im Frankfurter Mobilitätsdezernat; so wichtig, dass wir im Rahmen des Masterplan Mobilität eine eigene Teilstrategie „intermodale und regionale Vernetzung“ erarbeiten. Aber auch Langen, Dreieich und Neu-Isenburg werden von der effizienten Straßenbahnverbindung massiv profitieren.“
Prof. Dr.-Ing. Tom Reinhold, Geschäftsführer, traffiQ Frankfurt am Main:
„Ein Nutzen-Kosten-Faktor von 2,20! 5.400 neue Fahrgäste für das ÖPNV-System, täglich! Schon vom Start an muss das bestehende Angebot ausgedehnt werden! Das sind Werte, von denen Planer bei vielen Nahverkehrsprojekten nur träumen können. Ich hoffe sehr, dass wir diese hoch attraktive Tram-Verlängerung gemeinsam zügig aufs Gleis setzen können.“
Zum Projekt Straßenbahnverlängerung Neu-Isenburg – Dreieich – Langen
Die Städte Dreieich, Frankfurt am Main und Neu-Isenburg hatten im Frühjahr 2020 vereinbart, gemeinsam zu untersuchen, welches Potenzial eine Straßenbahn von Frankfurt über Neu-Isenburg nach Dreieich hat. Ein Jahr später schloss sich auch die Stadt Langen dem Projekt an. Die Studie ist ein Meilenstein der interkommunalen Entwicklung im Rhein-Main-Gebiet.
Heute endet die Frankfurter Straßenbahnlinie 17 wenige hundert Meter vor der südlichen Nachbarstadt. An der heutigen Endhaltestelle „Neu-Isenburg Stadtgrenze“ beginnend, könnte die Straßenbahn um etwa 9,4 Kilometer durch Neu-Isenburg über Dreieich-Sprendlingen hinaus bis zum Bahnhof Langen führen. Sie folgt dabei auf weiter Strecke der ehemaligen Bundesstraße, die bis Dreieich-Sprendlingen Frankfurter Straße, dann Darmstädter Straße und ab Langen wieder Frankfurter Straße heißt. Nach der Unterführung unter der Bundesstraße B486 würde sie in die Nördliche Ringstraße abbiegen und ihr bis zum Langener Bahnhof folgen.
Von der untersuchten Straßenbahnverbindung profitieren gut 130.000 Einwohner und etwa 90.000 Arbeitsplätze in den drei Kommunen. Die tägliche Fahrgast-Nachfrage auf der bestehenden Strecke, die bislang an der Frankfurter Stadtgrenze zu Neu-Isenburg endet, würde durch die Verlängerung auf das Dreifache gegenüber heute ansteigen. Bis Neu-Isenburg Neuhöfer Straße müsste das geplante Angebot der verlängerten Straßenbahnlinie 17 zumindest im Berufsverkehr sogar verstärkt werden, um diese Nachfrage zu befriedigen. Die Gutachter rechnen mit etwa 5.400 Neukunden täglich. Weit über 11,3 Millionen Pkw-Kilometer könnten pro Jahr eingespart werden. Weitere gut 3.000 Fahrgäste werden von der an den westlichen Ortsteilen verkehrenden S-Bahn zur Straßenbahn wechseln, was zu einer Entlastung der stark nachgefragten S-Bahn-Verbindung Richtung Darmstadt beiträgt.